Mansplaining – oder warum wir nicht auf die nächste Belehrung warten sollten

Unsere Antwort auf Micky Beisenherz, der 'Mansplaining' in der aktuellen "Men's Health"-Ausgabe thematisiert.

10. April 2025 3 Minuten

Mansplaining – oder warum wir nicht auf den Flurfunk warten müssen, um ernst genommen zu werden

Mansplaining – oder warum wir nicht auf den Flurfunk warten sollten

Hey du, stell dir vor, du sitzt in einem Meeting, bringst ein Argument zu einem Thema, in dem du Expertin bist – und ein Mann erklärt dir erst mal in epischer Breite, was du eigentlich gemeint haben könntest. Willkommen im Club der "Mansplained Women".

In der aktuellen Kolumne von Micky Beisenherz (Men's Health Nr. 5/2025) widmet sich der Autor genau diesem Phänomen – und ich sag’s mal so: Ich habe selten so heftig genickt … und gleichzeitig noch einige Fragezeichen gehabt. Gekonnt und gewohnt spitzzüngig erzählt er, wie er selbst in einer Runde Frauen am internationalen Frauentag über sogenannte "Tradwives" sprach und selbst sich hier mit "Mansplaining" auffiel. Zwei der Gesprächspartnerinnen sprachen von "Tradewives" mit zusätzlichem "E", interessante Doppeldeutigkeit in dem Zusammenhang.  

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Wo Micky recht hat

Er benennt das Phänomen glasklar: Mansplaining ist keine Einbildung, sondern Ausdruck eines jahrzehntelang trainierten männlichen Selbstbewusstseins. Männer, so Beisenherz, seien in einer Welt aufgewachsen, in der sie gelernt haben, dass ihr Wissen zählt – oft auch ungefragt. Dass das Ergebnis dieser Sozialisation ein Kommunikationsstil ist, der eher an Monolog als an Dialog erinnert, trifft einen wahren Kern.

Und ja, ich stimme ihm zu: Es braucht nicht immer böse Absicht – manchmal ist es schlicht ein Automatismus, gespeist aus jahrhundertealten Rollenzuschreibungen.

Wo ich widersprechen muss

Aber genau hier beginnt mein Widerspruch: Beisenherz bleibt – trotz einiger kluger Beobachtungen – erstaunlich milde. Fast so, als wäre Mansplaining ein schrulliger Nebeneffekt der Männlichkeit, den man charmant ignorieren kann.

Er schreibt: „Wenn es darum geht, das eigene Wissen zum Wohle anderer einzusetzen, gehen Männer nicht selten vor wie Menschen, die Leute im Rolli ungefragt über Bordsteine schieben. Ob Hilfe erwünscht war, ist bestenfalls tertiär.“

Netter Vergleich – aber zu nett. Denn Mansplaining ist keine freundliche Hilfeleistung, sondern oft Macht in Reinform

Mansplaining

Was Micky unterschätzt

 

Was dabei zu kurz kommt, ist die Verantwortung, die Männer für ihr eigenes Verhalten und ihre Wirkung tragen.
Denn Mansplaining ist nicht nur ein individuelles Kommunikationsproblem – es ist ein strukturelles Muster. Und das heißt: Wer ernst genommen werden will, muss auch ernst nehmen. Wer gehört werden will, sollte zuerst einmal zuhören.

 

Männer, die wirklich etwas beitragen wollen, könnten sich öfter fragen:
Warum komme ich mit meinem Anliegen gerade nicht durch? Warum wird mein Beitrag als Belehrung wahrgenommen? Und wie viel Raum nehme ich eigentlich ein – ohne es zu merken?

Achte mal darauf: Denn jedes Mal, wenn wir unterbrochen werden, unsere Expertise angezweifelt oder unsere Aussagen reinterpretiert werden, verlieren wir Sichtbarkeit. Und Sichtbarkeit ist Macht. 

Und jetzt?

Ich glaube, der Weg raus aus dem "Mansplaining-Karussell" beginnt mit zwei Dingen:

Klares Benennen. Wenn du merkst, dass dir jemand gerade ungefragt die Welt erklärt – sag es. Freundlich, bestimmt: „Ich bin da übrigens Expertin.“

Solidarität. Wenn du mitkriegst, wie eine Kollegin „overexplaint“ wird: Misch dich ein. Zeig Präsenz. Gib den Ball zurück.

Unser Fazit für dich, liebe Leserin

Mansplaining ist kein Modewort. Es ist ein Spiegel – für strukturelle Ungleichheit, für Kommunikationsmuster, die Frauen klein machen sollen. Und ganz ehrlich: Wir sind zu klug, zu laut, zu stark, um darauf weiter nett zu lächeln. Benennen wir es, was es ist: strukturelle Ungleichbehandlung. Und tun wir etwas dagegen. 

P.S.: An alle Männer, die jetzt denken: „Aber ich meine das doch nur gut!“ – super. Dann hört uns zu. Fragt nach. Und lasst uns ausreden.

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